Die CO2-Verordnung der EU

Deutschlands Automobilindustrie befindet sich in einer tiefen Krise wie Hans-Werner Sinn* in einem Gastkommentar des Handelsblatt vom 23.12.2019 schreibt. Die Branche leidet nicht nur darunter, dass ihre eigenen Schummeleien zur Abwendung von Verbrauchern geführt haben, sondern ist wegen überaus scharfer Auflagen der EU, die nur scheinbar umweltpolitisch begründbar sind, in eine langwährende Existenzkrise geraten.

Tatsächlich hat die EU mit ihrer CO2-Verordnung vom 17. April 2019 den Bogen überspannt. Ab 2030 soll die Fahrzeugflotte eines jeden Herstellers nur noch mit einem CO2-Ausstoß von 59 Gramm pro Kilometer zurechtkommen, was 2,2 Liter Dieseläquivalenten pro 100 Kilometer entspricht. Das wird nicht möglich sein.

Noch im Jahr 2006 lag der Durchschnittswert aller in der EU zugelassenen Pkws bei 161 Gramm. Danach wurden die Autos kleiner und leichter, sodass der Ausstoß bis zum Jahr 2016 auf 118 Gramm fiel. Doch stieg der Wert wieder an, weil mehr Benzinmotoren gekauft wurden, die im Fahrbetrieb mehr CO2 ausstoßen als Dieselmotoren.

Die EU will, dass der Flottenausstoß von Kohlenstoff durch den Bau von Elektroautos gesenkt wird. Dazu unterstellt sie in einer rechtsverbindlichen Rechenformel für den Flottenausstoß, dass E-Autos keinerlei CO2 ausstoßen. Wenn also ein Unternehmen zur einen Hälfte Elektroautos produziert und zur anderen Hälfte Verbrenner, die dem derzeitigen Durchschnitt entsprechen, kann der Höchstwert von knapp 60 Gramm pro Kilometer erreicht werden. Kann das Unternehmen keine Elektroautos herstellen und verharrt es beim heutigen durchschnittlichen Energiemix, wird es pro Fahrzeug circa 6000 Euro Strafe zahlen oder sich mit einem Konkurrenten zusammenschließen müssen, der E-Autos bauen kann.

Die Formel der EU ist nichts als ein großer Schwindel, denn auch E-Autos emittieren in erheblichem Umfang CO2. Nur liegt der Auspuff ein bisschen weiter entfernt im Kraftwerk. Solange noch Kohle- oder Gaskraftwerke am Netz sind, fahren auch E-Autos mit Kohlenstoff. Das tun sie auch schon deshalb, weil bei der Batterieproduktion viel fossile Energie eingesetzt wird, was die CO2-Bilanz verhagelt. Insofern ist die Formel der EU eine Mogelpackung, die auch nicht viel besser ist als eine Abschaltvorrichtung.

Doch es kommt noch dicker: Hans-Werner Sinn hat im Frühjahr mit dem Physikprofessor Christoph Buchal aus Jülich eine Studie veröffentlicht, nach der das E-Auto beim deutschen Energiemix etwas mehr CO2 ausstößt als ein moderner Diesel, obwohl seine Batterie kaum mehr als die Hälfte der Reichweite des Dieseltanks hat. Auch Volkswagen hat ermittelt, dass der E-Golf beim deutschen Energiemix einen etwas höheren CO2-Ausstoß als ein Diesel-Golf hat. Und nun hat das österreichische Forschungsinstitut Joanneum Research eine Studie vorgelegt, die das Ergebnis ebenfalls bestätigt.

Danach muss ein Elektro-Golf in Deutschland 219.000 km fahren, bis er trotz seines CO2-Rucksacks mit dem Diesel gleichzieht. Pkws halten aber im europäischen Durchschnitt nicht länger als 180.000 km. Auch halten die Batterien, wie Joanneum berichtet, nicht lange genug. Sie machen viel früher schlapp als vielfach angenommen, weil die Reichweitenangst die Fahrer veranlasst, ihre Batterien bei jeder Gelegenheit häufig und mit hohem Tempo vollzutanken.

Mein Ziel des Energiemix mit Elektroauto, bei der ich dachte ich reduziere mit der Nutzung eines Elektroautos neben einem modernen Diesel meinen persönlichen CO2-Ausstoß, hat nun erhebliche Risse bekommen. Ich weiß nun lediglich, ab 2020 gelten die Klimagrenzen der EU und nur der schnelle Erfolg von Stromautos kann die Branche vor einer happigen Rechnung schützen. Dies war eigentlich nicht mein Ansatz und läßt mich mit großer Verunsicherung zurück, welches der richtige Weg und die richtige Investition in Zukunft ist.

 Auch interessant hierzu mein Beitrag BMW braucht den i3 als CO2-Bremse

 *Hans-Werner Sinn ist Ökonom und leitete viele Jahre das Ifo-Institut.