Was kann passieren, wenn Elektroautos in einer Tiefgarage brennen?
Während Brandschutzexperten dringend mehr Forschung fordern und ein Parkverbot nicht ausschließen, wollen die Bundesländer die Garagenverordnung verschärfen.

Eine Analyse von Friedhelm Greis gefunden auf www.golem.de

Es waren spektakuläre Aufnahmen aus einer Tiefgarage in Schanghai: Ohne äußere Einflüsse fing ein Tesla Model S im April 2019 plötzlich an zu qualmen und detonierte wenige Augenblicke später mit einer gewaltigen Stichflamme. Akkubrände bei Elektroautos waren in den vergangenen Jahren häufig in den Schlagzeilen. Wer die Medienberichte – auch bei Golem.de – verfolgt, könnte den Eindruck gewinnen, dass Elektroautos eine Art Galaxy Note 7 auf vier Rädern sind, die sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit entzünden und explodieren.

Was würde erst passieren, wenn mehrere Elektroautos in einer Garage oder einem Parkhaus Feuer fingen? Wie ließe sich ein solcher Brand löschen? Und könnte die starke Hitzeentwicklung die Statik des Gebäudes gefährden? Nach Ansicht der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (VFDB) bergen solche Brände „erhebliches Risikopotenzial“ und müssen besser erforscht werden. Möglicherweise könnte am Ende festgestellt werden, dass das Parken von Elektroautos in bestimmten Tiefgaragen zu gefährlich ist.

39 Autos gehen täglich in Flammen auf

So häufig wie es die Medienberichte vermuten lassen, gehen E-Autos allerdings gar nicht in Flammen auf. Vielmehr wird über Brände von Verbrennerautos wohl deshalb nicht so ausführlich berichtet, weil sie so häufig vorkommen. Nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wurden im Jahr 2018 mehr als 14.000 Fahrzeugbrände über die Versicherungen abgewickelt. Das sind durchschnittlich knapp 39 pro Tag. Im Jahr 2011 waren es sogar 19.000 Brände. Der Twitter-Account @autobraende hat seit November 2019 unter dem Stichwort „Kein Tesla“ schon deutlich mehr als 100 Brände von Verbrennerfahrzeugen aufgelistet. Weil das so alltäglich ist, ist das in der Regel nur den regionalen Medien eine Meldung wert.

Das ist bei Elektrofahrzeugen offensichtlich noch anders. Dazu kommt: Die neue Technik stellt die Feuerwehren vor andere Herausforderungen. Das liegt unter anderem daran, dass der Brand eines großen Lithium-Ionen-Akkus nicht so einfach zu löschen ist. Bei einem Brand könne „meist von der Feuerwehr nur ‚Feuer unter Kontrolle‘ festgestellt werden, da es bis zu ‚Feuer aus‘ zu einem tage- bis wochenlangen chemischen Prozess kommen kann“, heißt es in einer Fachempfehlung zum Umgang mit Lithium-Ionen-Akkus, die der Deutsche Feuerwehr-Verband (DFV) und die Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren in Deutschland (AGBF) herausgegeben haben.

Brennt ein Elektroauto allerdings in einer Tiefgarage, kommt ein wichtiger Faktor hinzu, der fast alle Fahrzeuge betrifft. Nach Angaben des Münchner Branddirektors Peter Bachmeier ist die sogenannte Brandlast durch Fahrzeugbrände in den vergangenen Jahren stark gestiegen. „Die Fahrzeuge wurden viel schwerer und ein erheblicher Teil davon besteht aus brennbaren Materialien. Wir gehen davon aus, dass sich die Energiefreisetzung in den letzten 15 Jahren etwa verdreifacht hat“, sagte der Vorsitzende des Fachausschusses Vorbeugender Brand- und Gefahrenschutz der deutschen Feuerwehren auf Anfrage von Golem.de.

Dieser Artikel erschien in seiner ursprünglichen Fassung unter
https://www.golem.de/news/elektroautos-in-tiefgaragen-was-tun-wenn-s-brennt-2001-146056.html?utm_source=pocket-newtab